Einige Male pro Jahr werden kleine Kinos in Kiel, Hamburg und Flensburg zum Treffpunkt der norddeutschen Surfszene. Die lose Gemeinschaft der Wellenreiter kommt dann außerhalb von Nord- oder Ostsee zusammen, um gemeinsam von guten Wellen, unbekannten Gewässern und der nächsten Reise zu träumen.
Montag, 26. Mai. Der kleine, dunkle Saal ist fast vollständig gefüllt. Die Veranstalter haben Stühle für circa 60 Personen und eine Leinwand aufgestellt. Das Flensburger Volksbad ist eigentlich gar kein Kino, nur für die „Blue Surf Film Nacht“ an diesem Montagabend. Meistens finden hier Partys und Konzerte statt. Ich suche die Menge nach bekannten Gesichtern ab und finde auch einige.
Derzeit läuft bereits die 20. Surf Film Nacht. Sie findet unregelmäßig, aber mehrmals im Jahr statt. Waren die Kinosäle zunächst eher spärlich gefüllt, ist mittlerweile fast jede Vorstellung im Norden ausverkauft. Neben uns Surfern kommen Anhänger verwandter Sportarten und Reiseinteressierte. Die Filme zeigen andere Kulturen, alternative Lebensstile und einen durch das Surfen beeinflussten Blick auf die Welt. Selten werden Filme gezeigt, die nur auf die visuellen Reize von Strandschönheiten und spektakulären Wellen setzen.
Kurz bevor es um 21 Uhr losgehen soll, finde ich einen der letzten freien Stühle. Der Hauptfilm heißt heute „Bella Vita„, ein Porträt der Menschen, Wellen und Surfkultur Italiens. Der kalifornische Künstler und Surfer Chris Del Moro entdeckt die Heimat seines Vaters neu.
Italien ist ein Land, das nicht für seine Wellen und Surfer bekannt ist. Doch besonders Geschichten, die abseits der ausgetretenen Pfade der Surfwelt spielen, machen die Surf Film Nacht so interessant. Filme über zwei Surfer, die an einem norwegischen Strand überwintern oder die Surfkultur Finnlands, erzählen einzigartige Geschichten. Sie erinnern an das eigene Dasein in Norddeutschland.
Auch „Bella Vita“ weiß zu überzeugen. Neben Chris Del Moro erzählen die Väter des italienischen Surfens von den ersten gerittenen Wellen in Italien. Der Film schafft es dabei, die Aufnahmen von Wellen und der wunderschönen Landschaft mit der italienischen Kultur in Verbindung zu setzen. Die Offenheit und Herzlichkeit der Italiener passt dabei überraschend gut zum Lebensstil des reisenden Surfers. Zwei Kulturen treffen auf einander und ergänzen sich abseits der gängigen Klischees.
Die Filme der Surf Film Nächte erzählen vom Reisen. Einem Leben unterwegs, von Menschen, die die Welt ihr Zuhause nennen. Das Surfen und die Suche nach Wellen dienen meist eher als Anlass erneut aufzubrechen und werden im Verlauf der Geschichte mehr und mehr zur Randnotiz.
In den letzten Szenen von „Bella Vita“ beginnt Chris del Moro zwei Wale, ein Muttertier und ihr Junges auf eine Fassade zu malen. Nicht alle Anwohner sind davon begeistert. Chris lädt die Kinder des Ortes jedoch ein, ihm bei seinem Kunstwerk zu helfen. Die Begeisterung der Kinder gibt Chris die Möglichkeit seine Liebe zum Ozean zu teilen.
Reisende wie Chris lassen selten Geld zurück, manchmal aber etwas viel kostbareres. Ehrliche, kindliche Freude. Der Abspann läuft, das Licht geht an. Ich bin wieder motiviert. Andere Kulturen, Regionen, Wellen. Sie nicht bloß als Tourist zu betrachten, sondern in das Leben einzutauchen.
Hier bekommst du den Film „Bella Vita“.
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