Gefährliche Haie in der Nordsee?

Die Sonne berührt schon fast den Horizont, das Wasser unter mir ist dunkelgrau und ich warte auf die letzte Welle. Das Bild eines wunderbaren Surftrips. Ein Bild, das so kitschig schön ist, wie auch verbunden mit der größten Angst. Haiangriffe geschehen in der Dämmerung, heißt es. Es ist einer der wenigen Momente, in denen ich froh bin, dass dies die Nordsee und nicht Australien oder Südafrika ist. Denn gefährliche Haie gibt es in der Nordsee nicht! Oder? Davon bin ich immer ausgegangen, aber stimmt das auch? Zeit für eine Recherche.

Heringshai in der Nordsee

Meine eigenen Erfahrungen mit Haien in der Nordsee beschränken sich auf das Gebiss eines Heringshais, das lange Jahre den Rückspiegel des Wohnmobils meines Vaters zierte, und den abgetrennten Kopf eines solchen vor den Fischhallen von Hvide Sande. Beide waren nicht besonders groß, aber vielleicht groß genug für eine Hand und voller spitzer Zähne. Ich beginne meine Recherche also mit dem Heringshai.

Der Heringshai, der potenziell Gefährliche

Bei meiner Suche nach mehr Informationen zum Heringshai stoße ich auf das Bild eines Tieres, das meiner Vorstellung eines gefährlichen Hais schon sehr nahe kommt. Ausgerechnet an einem bekannten Surfspot in Thyborøn in Dänemark ist dieses Exemplar gestrandet.

Thyborøn strand…

Gepostet von Havnekiosken am Sonntag, 27. März 2016

Tatsächlich wird der Heringshai oft als „Kleiner Weißer“ bezeichnet. Dabei wird er immerhin bis zu drei Meter lang. Damit ist er zwar deutlich kleiner als sein Cousin, der Große Weiße Hai, sein Aussehen ähnelt diesem aber stark. In den 80er Jahren war der Heringshai in der Nordsee wegen Überfischung fast ausgestorben und erholt sich seit dem Jahr 2000 nur langsam.

Wie der Name vermuten lässt, frisst der Heringshai vor allem Schwarmfische wie Heringe, Markrelen und Sardinen. Angriffe auf Menschen sind äußerst selten. Das International Shark Attack File (ISAF) listet zwei Angriffe, je einen vor der englischen und der kanadischen Küste.

Der Heringshai ist also tatsächlich ein potenziell gefährlicher Hai in der Nordsee. Ein Angriff ist jedoch so unwahrscheinlich, dass wir uns auch während einer Sunsetsession kaum Sorgen machen müssen.

Kaum Forschung zu Haien in der Nordsee

Mit der Erkenntnis, dass die Frage nach gefährlichen Haien wirklich berechtigt ist, beschließe ich meine weiteren Fragen an echte Experten zu stellen. Ich schreibe also an verschiedene Institutionen, die sich den Weltmeeren widmen. Auf meine Fragen nach Haiarten in der Nordsee, Gefährlichkeit und Gefährdung erhalte ich wiederholt die gleiche Auskunft. Keines der Institute forscht zu dem Thema und verweist jeweils auf eines der anderen.

Ist das Meer vor unserer Haustür tatsächlich noch so unerforscht? Eine Antwort bekomme ich dann von unseren Nachbarn aus den Niederlanden. Das Ecomare zeigt gerade eine Ausstellung zum Thema Haie und Rochen in der Nordsee, erzählt Arthur vom Ecomare. In der Nordsee seien fast alle Haie außer den kleinen und ungefährlichen Dorn- und Glatthaien gefährdet. Vor allem Überfischung durch Beifang ist ein Problem.

Arthur hält einzig auch den Heringshai für potenziell gefährlich, weil es bisher jedoch kaum Angriffe gab und er noch immer sehr selten ist, müsse man jedoch keine Angst vor ihm haben. Ausschließlich an den Küsten Großbritanniens schaut im Sommer zudem immer mal wieder der Kurzflossen-Mako vorbei. Er ist weltweit bisher für 40 Haiangriffe verantwortlich.

Dass der Klimawandel in Zukunft auch andere Haie in die Nordsee locken könnte, sei durchaus möglich. Bisher wurden aber noch keine fremden Arten gefunden. Dabei wären gerade die Bedingungen um Großbritannien herum bereits heute ein geeigneter Lebensraum für Weiße Haie, wie das britische Magazin The Field berichtet.

Der Riesenhai, das gemütliche Seeungeheuer

Der Riesenhai ist die einzige weitere große Haiart in der Nordsee. Er wird bis zu zehn Meter lang, ist dabei jedoch vollkommen ungefährlich. Der zweitgrößte Fisch der Erde frisst ausschließlich Plankton. Während meiner Recherche tauchte ein Exemplar direkt vor Sylt auf und schaffte es so in die großen Medien.

Seltene Beobachtung: Forscher haben am Sylter Außenriff in der Nordsee einen Riesenhai gesichtet. Es ist der zweitgrößte Fisch der Erde.

Gepostet von tagesschau am Freitag, 24. Juni 2016

Der Riesenhai schwimmt häufig direkt an der Wasseroberfläche und kommt auch bis in küstennahe und flache Gewässer. Er gilt als mögliche Erklärung für Sichtungen von Seeungeheuern. Da er oft auch in Gruppen bis zu hundert Tieren unterwegs ist, können mehrere hintereinander schwimmende Haie das Bild eines sehr großen Tieres ergeben.

Fazit: Gefährliche Haie in der Nordsee

Haie sind keine Ausnahme in der Nordsee, doch Sorgen machen, müssen wir uns deshalb nicht. Einzig der Heringshai und der Kurzflossen-Mako vor Großbritannien sind potenziell gefährlich für den Menschen. Ein tatsächlicher Angriff ist jedoch wesentlich unwahrscheinlicher als in den meisten anderen Weltmeeren.

Angst vor Haiangriffen brauchst du auch in anderen Regionen der Welt nicht zu haben. Pana erzählt dir auf ihrem Blog TakeOffAndTravel, wie du es schaffst mit der Angst vor Haien umzugehen. Und in diesem Beitrag über Haiangriffe erzählt Julian auf Surfnomade.de alles Wissenswerte zum Thema.

Haie faszinieren dich? Der Bildband Haie von Michael Muller* zeigt großartige Aufnahmen von den Räubern der Meere und wie wichtig sie für unsere Ozeane sind. Mehr dazu hier.

Hast du schon Haie in der Nordsee oder den Weltmeeren gesichtet? Erzähl uns deine Geschichte in den Kommentaren.

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