Im Frühjahr 2016 haben sich die beiden Freeriderinnen Aline Bock und Lena Stoffel auf eine Reise nach Japan begeben. Wie sie dieses außergewöhnliche Land wahrgenommen haben, was für Schnee und Wellen sie gefunden haben, erzählen sie uns im Interview. Ein Mitbringsel haben sie außerdem mitgebracht, den ihren Film WAY EAST.
Die beiden haben uns bereits im Frühjahr 2015 mit ihrem Trip auf die Lofoten und dem Film WAY NORTH begeistert (den Artikel und Film findet ihr hier). Im Wohnmobil vollgepackt mit Skiern, Snowboards und Surfbrettern ging es immer weiter nordwärts um einsame Gipfel zu erklimmen und eisige Wellen zu reiten. Dieses Jahr ging es im März für 4 Wochen mit ähnlichem Ziel in eine andere Himmelsrichtung. Way East. Auf Ski und Splitboards durch ein Land, das selten wegen seiner Wellen und Schnee auf unserem Radar erscheint. Japan.
Aline und Lena sind eigentlich auf den Bergen Zuhause. Während Aline ehemalige Freeride Weltmeisterin im Snowboarden ist, hat Lena 2011 den Titel bei den Austrian Open im Slopestyle auf Skiern geholt. Freeriden ist ihre Leidenschaft und welches Brett spielt eigentlich keine Rolle mehr. Statt auf Wettkämpfe gehen die beiden ihren Herzensprojekten nach, reisen in wundervolle Schneegebiete und verwirklichen Filme und Fotoprojekte. Alle Leidenschaften vereinen, das klingt nach Perfektion. So machten sich Aline und Lena mit Ski, Snow-, Split- und dazu auch Surfboards auf den Weg Way East nach Japan. Einem Land, das beim Wellenreiten selten ganz oben auf To Do Listen steht und das nach der Tsunamikatastrophe 2011 manche Fragezeichen aufwirft.
Aline und Lena haben ein Land voller Schönheit erkundet. Mit atemberaubenden Landschaften, perfektem Schnee und leeren Wellen im japanischen Meer. Bei eisigen Temperaturen haben sie Berge erklommen, einsam im Schnee gecampt und sind in zwei bis vier Grad kaltem Wasser gesurft. Mit Campingausrüstung und Sack und Pack haben sie gemeinsam mit ihrem Team aus Guide, Kameramann und Fotografen die Westküste Hokkaidos vom Vulkan Jotei bis zum Meer erkundet, sowie die Vulkaninsel Rishiri nordöstlich von Hokkaido. Neben Surfen, Ski- und Snowboard fahren war es den beiden Sportlerinnen auch eine Herzensangelegenheit mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Mit Unterstützung der Surfrider Foundation und Greenpeace haben sie versucht Japan nach Fukushima zu begreifen. Herausgekommen sind bei diesem Abenteuer einzigartige Erinnerungen, die sie wieder in einem Film festgehalten haben. WAY EAST, eine 20-minütige Dokumentation, die mittlerweile in voller Länge veröffentlicht ist.
Interview mit Aline und Lena
Hallo Aline und Lena, wie seid ihr für eure zweite Reise auf das eher außergewöhnliche Ziel Japan gekommen?
Aline: Wie auf unserer Reise WAY NORTH im letzten Jahr, suchten wir auch dieses Mal einen Ort, an dem wir unsere beiden größten Leidenschaften kombinieren konnten. Freeriden und Surfen. Wir wollten auf frühere Erfahrungen aufbauen und suchten neue Herausforderungen. Japan, insbesondere die Vulkaninsel Rishiri, hat uns wegen einer einzigartigen Natur, den besonderen Schneeverhältnissen und natürlich der spannenden Kultur in seinen Bann gezogen. Wir konnten dort auf ein gutes Netzwerk in der Freeride-Szene zurückgreifen. Das hilft sehr, bei der Planung einer solchen Reise.
Lena: Wir waren vor einem Jahr schon zusammen in Japan im Januar zum Shooten und Aaron unser Fotograf hat uns schon vor einem Jahr davon erzählt, dass es an der Westküste so toll sein soll auch zum Surfen. Er hatte auch die Idee mit der Camptraverse über die verschiedenen Vulkangipfel von Niseko bis ans Meer. Wir fanden die Idee toll und nachdem unser Film „WAY NORTH“ so erfolgreich war, wollten wir einen „WAY EAST“ machen. Somit war unser Weg in den Osten klar.
Wie hat Japan auf euch gewirkt, welche Eindrücke nehmt ihr mit?
Aline: Japan ist ein einzigartiges Land der Kontraste zwischen Hightech Moderne und tief verwurzelten Traditionen. Und einer Kultur, wie sie gegensätzlicher zu Europa nicht sein könnte.
Auch diese mystischen Wälder und Berge sind was ganz Besonderes. Es ist erstaunlich, wie der Schnee die Bäume fast ganz bedeckt und durch seine Konsistenz auf Grund der Meeresnähe haften bleibt. Die Japaner selbst sind einfach auch so unglaublich nett und freundlich, irgendwie scheint es, als hätte manchmal jemand die Zeit zurückgedreht. Für Einheimische und eine Hand von Abenteurer, die es hierher verschlägt, ist es Magie.
Lena: Japan, Hokkaido, die Wälder in den Bergen dort und überhaupt die Natur dort hat irgendwie etwas Mystisches. Es sind so tolle Landschaften. Der Schnee, die Bäume, die langen Strände und der Vulkan auf unserem letzten Stop der vulkaninsel Rishiri. Das hat mich fasziniert. Wir waren entweder in der Wildnis in den Bergen oder in abgelegenen Orten. Im Norden waren die Leute sehr verwundert Touristen zu sehen. Das Leben der Leute dort scheint sehr einfach zu sein. Sie leben nach dem Rhythmus der Natur.
Hat sich das Land eurer Meinung nach von den Folgen des Tsunami 2011 erholen können?
Aline: Wir sind ja nicht wirklich in der Region rund um Fukushima gewesen. Die Nordinsel Hokkaido ist ja doch ziemlich weit weg und wir sind auch im japanischen Meer Surfen gewesen und haben die Pazifikküste eher gemieden. Jedoch haben wir nach ein paar Interviews mit einheimischen Surfern oder Umweltaktivisten schon herausgehört, dass sie doch sehr darüber besorgt sind, was für Auswirkungen der Unfall von Fukushima auf die Bevölkerung und das Land noch haben wird.
Man hat auch das Gefühl, dass die Japaner sich eher dafür schämen, dass sowas in ihrem geliebten Land überhaupt passieren konnte. In den Nachrichten vor Ort bekommt man von der Katastrophe und den noch immer Tonnen von kontaminiertem Wasser, das nach wie vor täglich in den Pazifik strömt, überhaupt nichts mit.
Lena: Ich glaube die Leute haben sich schon etwas erholt, aber das Problem und die Folgen des Reaktorunfalls sind noch lange nicht geklärt. Es wird noch viele Folgen haben, denke ich. Ich glaube, dass das Abstellen der Atomkraftwerke für zwei Jahre die Leute schon aufmerksam gemacht hat, dass es auch ohne Kernenergie geht. Es gibt auf Hokkaido schon viele Windenergieanlagen, sowie große Solaranlagen. Die großen Energiekonzerne haben jedoch das Ruder schon noch in der Hand, denke ich. Allgemein hat man auf Hokkaido die Folgen nicht wirklich gespürt, da dort die Leute auch nicht sehr betroffen waren.
Ihr wart teilweise an sehr abgelegenen Orten, habt ihr viele andere Surfer oder Snowboarder getroffen? Was ist euer Eindruck von der Brettsportszene in Japan?
Aline: Rund um Niseko gibt es eine riesen Freeride Szene. Man findet dort zwar kein besonders steiles und schwieriges Gelände vor, aber die Schneequalität lässt keine Wünsche offen. Sobald man sich jedoch etwas vom Skizirkus wegbewegt, wird es sehr ruhig und man trifft nur hin und wieder ein paar „Soulsurfer“ beim Splitboarden bzw. Skitouren gehen. Auf Grund der Wassertemperaturen von 2-4 °C im April haben wir nur einen einzigen Surfer getroffen. Toshi, unser Bergführer auf Rishiri, hat uns aber auch nur einmal begleitet. Sonst waren wir immer allein im Wasser und sind auf Entdeckungsreise gegangen, da wir ja keine Karten oder Anhaltspunkte von möglichen Surfspots hatten.
Lena: In Japan, gerade um Niseko herum, gibt es natürlich sehr viele Snowboarder und Skifahrer. Es ist eine richtige Szene dort. Es gibt eine Szene von Snowboardern, die auch Surfen gehen. Jedoch sind das nicht sehr viele. Ich denke das kalte Wasser ist schon sehr abschreckend gerade im Winter, wo die Wellen in dem Japanischen Meer eben auch sehr gut sein können.
Es gibt unglaublich tolle Wellen . Wir hatten wirklich sehr viel Glück und hatten auf der Vulkaninsel Rishiri drei super Surfsessions. An einem Tag waren dort auch zwei andere Surfer mit uns im Wasser. Einer davon war unser Bergführer und erster Surfer auf Rishiri. Er hat es seinen Freunden erzählt, dass es tolle Wellen gibt und hat sie auch zum Surfen gebracht. Jetzt gibt es ungefähr 10 Surfer auf Rishiri. Das war das einzige Mal, dass wir andere Surfer gesehen haben.
Was war euer schönstes Erlebnis dieser Reise?
Aline: Nachdem wir die Vulkaninsel Rishiri wieder verlassen hatten, und uns auf die Rückreise machten, bauten wir an einem einsamen Strand im Osten der Insel Hokkaidos ein letztes Mal unsere Zelte auf. Am Lagerfeuer ließen wir unsere Erlebnisse Revue passieren und obwohl der Swell Forecast tags zuvor gen Null gelaufen war, manifestierte sich am Morgen nach einer erstmals windstillen Nacht direkt vor unserem Zeltausgang eine perfekte Left. Makellose Perfektion. Allein der Anblick hat schon unsere Surferherzen höher schlagen lassen.
Lena: Ich glaube für mich war das schönste Erlebnis das Aufwachen über der Waldgrenze in unserem zweiten Snowcamp. Die Nacht war zwar unglaublich hart und kalt und wir haben kaum geschlafen, aber die Aussicht am Morgen über die ganzen Vulkane und der Sonnenaufgang hat alles ausgeblendet und war einfach nur toll.
Das andere tollste Erlebnis war als wir direkt am Strand vor einer perfekt laufenden Welle gecampt haben. Wir haben unser Camp aufgeschlagen, hatten eine Surfsession ganz alleine und als wir herauskamen, hatten die Jungs schon das Lagerfeuer angefacht und wir verbrachten unseren letzten Abend am Strand am Lagerfeuer bei Vollmond. Das war der perfekte Abschluss. Fast schon ein bisschen kitschig soo perfekt!!
Aline & Lena: Vielen Dank an unsere Sponsoren, die uns bei dem Abenteuer Way East unterstützt und diese Reise überhaupt möglich gemacht haben.
Aline: THULE, Völkl Snowboards, Marker, Ortovox, ABS, Deeluxe, Sunlight, HAD, Lebent
Lena: Roxy, Fulltilt Ski boots, Marker Bindings, Ortovox, ABS , Sunlight